Versicherungsmenschen verdienen ja bekanntlich unfassbar viel Geld. Einige davon fahren sogar richtig fette Karren: Alpina, AMG, Porsche & Co. Wie sollte man mit solchen Typen umgehen? Da ist doch sicher was faul! Oder die Karre ist nur geleast! Und die haben sowieso alle einen verdammt kurzen Piepmatz!
Ich bin anders! Ja, ich auch!
Was hier wirklich mal anders ist: entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, den Finger in die zahlreichen Wunden der Branche zu legen, möchte ich hier einmal eine ganz andere, nämlich um gegenseitiges Verständnis vermittelnde, Perspektive einnehmen.
Unsere Haltung zum Geld
Wir Deutschen sind in Sachen Geld schon ein bisschen komisch. Ich kenne Porsche-Fahrer, die ihren Porsche etwas abgelegen in einer Garage wohnen lassen, damit die Nachbarn nichts mitbekommen. Ein anderer hat seinen Porsche verkauft, weil ihm deshalb Kunden absprangen. Als er sich dafür einen Audi kaufte, der — welch Ironie! — sogar noch teurer als der Porsche war, lief es wieder rund.
Bleiben wir beim “Feindbild” Porsche. Kurzer Schniedelwutz, klare Sache. Oder sonstige Komplexe. Auf jeden Fall muss da was kompensiert werden. Oder der Fahrer hat, wenn er noch recht jung ist, das Geld ganz sicher von Papi bekommen, der eben jenes — natürlich! — ganz sicher nur durch dubiose Geschäfte erlangt und nicht etwa verdient hat.
Was stimmt mit den Leuten nicht? Selbst wenn der Fahrer nen Kurzen hat — was geht uns das an? Auch wenn er den Porsche von Papi geschenkt bekommen oder aus einem Erbe finanziert haben sollte — so what? Können wir uns nicht mehr über das Glück anderer freuen? Oder einfach auch mal unterstellen, dass sich derjenige — was sehr viel wahrscheinlicher ist — einfach nur den Arsch aufgerissen und viele Jahre sehr fleißig gearbeitet hat? Auch dieses “Ist ja sicher nur geleast!” ist doch völliger Blödsinn! Hat mal einer geschaut, was so ein Leasing kostet? Da geht mal ganz locker so viel Knete über den Tisch, wie der Durchschnittsdeutsche nicht mal im ganzen Monat verdient. Und das nur für ne olle Karre! Außerdem ist das bei Firmenfahrzeugen sowieso steuerlich absolut sinnvoll!
Wie dem auch sei: Lassen wir die Frage nach dem “Was soll sowas?!” links liegen und befassen uns einmal mit den Typen, die solche Karren fahren (können). Wie kommen die dazu? Können die seriös sein?
Die gelebte Realität der breiten Masse
Die Realität ist mehr als ernüchternd. Die allermeisten Vermittler erzielen weniger als 50.000 € p. a. — vor Steuern! Und das als Selbständige, die das komplette Risiko des wirtschaftlichen Untergangs tragen müssen!
Die Kollegen von insurancy haben dies einmal völlig neutral auf ihrer Seite thematisiert: Einkommen von Versicherungsmaklern
Hier ist von durchschnittlich rd. 3.500 € mtl, also 42.000 € (brutto!!) die Rede. Klingt das nach fetter Karre? Wohl eher nicht!
Die Bedeutung für Dich
Thematisch möchte ich hier einmal zu einem mögliches Fazit springen. In Sachen Versicherungen ist doch alles gefühlt blöd. Alles ist undurchsichtig, jeder erzählt was anderes und diese Versicherungsmenschen wollen einen doch immer nur übern Tisch ziehen.
Mit dem Wissen, dass die meisten dieser Zunft eher einkommensschwach bis extrem einkommensschwach sind, stellt sich doch eine ganz simple Frage: Wen hast Du lieber am Tisch sitzen?
Den, der ab der Mitte des Monats schon den Kitt aus den Fenstern fressen muss, weil er nix mehr im Kühlschrank hat und somit über jeden Abschluss froh sein muss? Oder doch lieber den mit der fetten Karre, der so gut verdient dass es ihm sowas von scheissegal ist, ob Du nun die blöde Hausratversicherung abschließt oder eben nicht?
Ein Blick ins Detail
Weil auch die Einkommenssituation von uns Vermittlern so herrlich undurchsichtig, ja geradezu geheimnisvoll ist, verschaffe ich Dir hier mal einen Einblick:
Zu unterscheiden sind grundsätzlich die Vertreter und die Makler.
Die Vertreter kassieren für alles im Sachversicherungsbereich fette Provisionen. Diese machen irgendwas zwischen 60 und 80% des Jahresnettobetrages aus.
Beispielrechnung anhand einer Haftpflichtversicherung für jährlich 101,15 €: Davon muss erst einmal die Versicherungssteuer (hier: 19%) abgezogen werden. Es bleiben 85 €. Davon 50 — 80% ergeben satte 42,50 bis 68 €. Das Ganze gilt auch noch für einen 3‑Jahres-Vertrag. In den Folgejahren bekommt der Vertreter nämlich kaum etwas; meist irgendwas um die 10%. Im besten Fall geht er also über drei Jahre verteilt mit 85 € brutto nach Hause. Das sind pro Jahr max. 28 € und ein paar Zerquetschte.
Bei uns Maklern ist das Ganze viel simpler: wir bekommen fast immer das Gleiche — nämlich 25% des Jahresnettobetrages. Gemäß obigem Beispiel also stumpf jedes Jahr 21,25 €. Das nennt sich dann nicht Provision, sondern “Courtage” (da immer wieder kehrend).
Im Langfristvergleich ist es aber gehüpft wie gesprungen, das gibt sich nicht viel. Eines können wir aber festhalten: Egal ob Vertreter oder Makler: das Thema “fette Provision” dürfte hier definitiv vom Tisch sein.
Und über die KFZ-Versicherung wollen wir hier gar nicht erst sprechen. Da gibt es keinen Verdienst, sondern maximal ein Schmerzensgeld. Das ist im Grunde ein Minusgeschäft für jeden Vermittler — aber das ist ein anderes Thema.
Wo es wirklich fette Provisionen gibt
Im Bereich der Lebens- und auch Krankenversicherung sieht es dagegen deutlich anders aus. Ich betrachte hier nur die Lebensversicherung, um es möglichst kurz zu halten. Kurze Erläuterung: Lebensversicherung = Oberbegriff. Darunter fallen Rentenversicherungen, BU-Absicherungen & Co.
Die Provisionen für Vertreter sind hier bei mx. 25 Promille der Beitragssumme angesiedelt. Beitragssumme = die Summe aller voraussichtlich eingezahlten Beiträge, meist auf 35 Jahre maximiert.
Bei 200 € Monatsbeitrag heißt das also maximal: 200 € x 12 Monate x max. 35 Jahre x 2,5% = 2.100 €.
Bei uns uns Maklern sind eher 40 — 50 Promille angesagt. Im gleichen Fall also 3.360 — 4.200 €.
Woher kommt der Unterschied?
Der Unterschied beruht auf dem Umstand, dass wir Makler von den Versicherern keinerlei Gelder annehmen dürfen, die über die Entlohnung für abgeliefertes Geschäft hinausgehen. Auch müssen wir sämtliche Kosten alleine tragen — von den Büroräumen über Löhne / Gehälter und alles andere, was da so anfällt. Ganz anders dagegen bei den Vertretern: deren Einkommen kann und darf ganz viele Namen haben: Provision, Agenturkostenzuschuss, Werbekostenzuschuss, Wettbewerbsgewinne, Bonus-Programme, von den gestellten Büroausstattungen mal ganz zu schweigen und und und…
Unterm Strich ist es auch hier also mehr oder weniger mal wieder das Gleiche. Dass beide Parteien mit einer mindestens fünf Jahre langen Stornohaftung behaftet sind, sei nur mal nebenbei erwähnt. Das bedeutet: geht der Vertrag — warum auch immer — innerhalb dieser Zeit flöten, muss die Provision anteilig zurück gezahlt werden. Na dolle Wurst! Musstest Du etwa schon mal Lohn zurück zahlen — einfach nur so, weil irgendwo was schief gelaufen ist, womit Du gar nichts zu tun hast? Willkommen in unserer Welt!
Kurze Erläuterung der krassen Differenzen
Ein Verdienst um die 20 € für die Haftpflichtversicherung, aber gleich mehrere Tausender auf einen Schlag für Altersvorsorge & Co.? Wieso das?
Das Zauberwort heißt hier “Quersubventionierung”. Das keiner von den hier beispielhaften 20 € einer Haftpflichtversicherung leben kann, sollte klar sein. Auch schließt bei Weitem nicht jeder sofort eine Altersvorsorge ab und die Vermittlung einer BU-Absicherung ist auch noch extrem zeitaufwändig. Die “fette Provision” sorgt also dafür, dass man überhaupt von dem Ganzen leben kann und sie kommt noch nicht einmal von alleine ins Portemonnaie gesegelt. Da muss man tatsächlich was für tun.
Unterm Strich muss das mit den ach so “fetten Provisionen” also gewaltig relativiert werden — zumal der Blick auf den Durchschnitt so derb ernüchternd ist.
Als Fazit können wir festhalten: das Gros der Masse an Versicherungsmenschen ist nicht nur ganz weit weg vom fetten Porsche; die meisten sind auch noch gnadenlos chronisch pleite. Das erklärt auch, warum sie sich bei jeder Gelegenheit anbiedern und schneller in fremde Ärsche kriechen als es ein geöltes Zäpfchen könnte.
Fazit
Nachdem Du jetzt einen groben Einblick bekommen hast, möchte ich mit Dir einen möglichst objektiven und globalen Blick auf das Ganze werfen:
Wenn da einer mit einem Porsche o. ä. um die Ecke kommt, dann sollten wir uns doch — rein menschlich betrachtet — für denjenigen freuen, statt es ihm zu neiden.
Ist derjenige auch noch Dein Versicherungsmensch, dann gönne es ihm doch doppelt! Zum einen darfst Du davon ausgehen, dass Du nichts “angedreht bekommst”, weil derjenige es einfach nicht nötig hat. Zum anderen hast Du da im Regelfall einen vor Dir, der es gepackt hat. Der hat Biss, war fleißig und hat ganz sicher ganz viele Rückschläge einstecken müssen, bevor sich der Erfolg einstellte. Von solchen Leuten kann man immer was lernen! Wenn Du den fragst, woher der tolle Porsche stammt, solltest Du unbedingt einen Kaffee bereit halten! Denn dann kommt im Regelfall eine spannende und etwas längere Geschichte auf den Tisch!
Ja, ich weiß: es gibt auch die glatt gegelten Anfang 20jährigen, die mit ner Rolex und nem Porsche ankommen. Hier weht der Wind meist aus der gegenteiligen Richtung. Bei denen läuft es umgekehrt: erst kommt bei denen (scheinbar) die fette Knete, dann aber schlägt die Realität meist erbarmungslos zu und es folgt die böse Pleite. Von diesen Möchtegerns wollen wir uns nicht irritieren lassen. Das auch hier ganz seltene Ausnahmen nur die Regel bestätigen, sollte ebenso klar sein.
Nochmal Fazit
Wie, Dein Versicherungsmensch fährt gar keinen Porsche? Ach, sieh an.
Wir drehen uns nun im Kreis: zum einen ist dieses Klischee nichts weiter als eine Verunglimpfung. Einerseits sind Versicherungsmenschen umgangssprachlich der nervige Klinkenputzer, über dessen Bemühungen Geld zu verdienen, abfällig die Nase gerümpft wird. Andererseits darf unsereins nicht erfolgreich sein, weil uns dann ein kurzer Pillemann, unseriöse Praktiken oder sonstige blöden Dinge unterstellt werden.
So geht es meiner Zunft wie vielen anderen auch: wir können es keinem Recht machen. Klinken putzen oder kurzer Pimmel — irgendwas ist immer.
Warum dieser Blogbeitrag?
Liest Du schon länger auf meiner Seite mit? Dann weißt Du, dass ich mich mit Kritik an Kolleginnen und Kollegen stets sehr bedeckt halte. Wo nötig, da trete ich zu. Grundsätzlich werbe ich aber für Verständnis.
Genau darum soll es hier in besonderem Maße gehen. Versicherungsmenschen sind vor allem eines: Menschen. Denke einfach daran, wenn mal wieder abfällig gelästert wird. Die meisten sind — völlig unabhängig vom Einkommen — um bestes Kundenwohl und Seriosität bemühte Vermittler, die einen hohen Nutzen für Dich bringen wollen. Wenn im Schadenfall die Zahlung kommt, die Deine finanzielle Existenz rettet — was kümmert Dich dann noch, was derjenige daran verdiente? Ist derjenige dann nicht etwa jeden noch so fetten Porsche wert? Na siehste.
In diesem Sinne…
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