Unfallversicherung für Reiter – sinnvoll oder Blödsinn?

by | 12.04.2017

Reiter Unfallversicherung

Du reitest? Dann brauchst Du unbedingt eine Unfallversicherung! Du lässt fremde Kinder auf Deinem Pferd reiten?  Dann lass Dir auf jeden Fall unterschreiben, dass das Kind eine Unfallversicherung hat! Du hast eine Reitbeteiligung? Dann lass Dir unbedingt zusichern, dass sie eine Unfallversicherung abgeschlossen hat!

Besonders wichtig: Achte unbedingt darauf, dass Du entweder eine spezielle Reiter-Unfallversicherung hast, oder aber in Deiner Unfallversicherung ausdrücklich das Reiten erwähnt wird!

Was haben alle obigen Sätze gemeinsam? Richtig: sie sind völliger Bullshit.

Warum die „Reiter-Unfallversicherung“ Blödsinn ist

  1. Die Versicherungen anderer Leute gehen uns nichts an.
  2. Ob jemand voll- oder minderjährig ist, spielt auch keine Rolle.
  3. Ob eine Reitbeteiligung – ob sie nun voll- oder minderjährig ist – eine Unfallversicherung hat, geht uns, richtig: nichts an!
  4. Produkte wie eine Reiter-Unfallversicherung sind der allergrößte Blödsinn überhaupt.
  5. Unfallversicherungen sind generell völlig überbewertet.

Schauen wir uns das doch mal etwas genauer an und räumen dabei mal mit den vielen irreführenden Werbeaussagen, herumgeisternden Halbwahrheiten und überzogenen Vorstellungen bezüglich der Unfallversicherung auf.

Unfallversicherung für Reitbeteiligungen & Fremdreiter

Glaubst Du wirklich, dass es für Dich einen Unterschied macht, ob die Person, die gerade von Deinem Pferd in Richtung Boden gebuckelt wird, unfallversichert ist?

Dann lass uns mal gemeinsam scharf nachdenken:

Inwiefern kann es denn von Belang sein? Meinst Du, es ändert etwas an der Rechtslage? Meinst Du, Du musst weniger Schadensersatz leisten, weil da eine Unfallversicherung (vielleicht) eine Summe X auszahlt? Wo wäre denn da die Logik?

Die Wahrheit ist: Es spielt überhaupt keine Rolle.

Siehe oben: Die Versicherungen anderer Leute gehen uns nichts an. Weder müssen wir uns darum kümmern, noch ändern sie etwas an unserer Schadensersatzpflicht. Entsprechend wichtig ist die eigene Absicherung, hier vor allem die Pferdehalterhaftpflicht.


(Unfall-)Versicherungen für Kinder (minderjährige Personen/Reiter)

Geht uns ebenfalls nichts an / ist für uns völlig irrelevant. Das Alter des Gegenübers spielt dahingehend nicht die geringste Rolle.

Die Unfallversicherung für Dich selbst

Ich will ja nicht immer nur Negatives schreiben. Also hier mal eine positive Aussage: Ja, der Abschluss so einer Unfallversicherung ergibt schon Sinn. Aber nicht in der Form, in der sie zu fast immer verkauft / angeboten wird. Dazu komme ich im weiteren Verlauf des Beitrages noch.

Die Frage nach dem (Un)Sinn (der Unfallversicherungen) – Part I

Zuerst einmal eine Definiton – oder: die Frage nach dem Sinn

Vorab möchte ich eine einzige  Ausnahme definieren: Alles Nachfolgende gilt nicht für Personen, die so krank sind, dass sie keinerlei Absicherungen wie eine Berufsunfähigkeitsabsicherung o. ä. mehr abschließen können. In einem solchen Fall muss zwangsläufig ein anderer Maßstab angelegt werden.

Nun aber zur Sache:

Kurz und knapp: Der einzige Sinn einer Unfallversicherung ist das Auffangen finanzieller Folgen eines Unfalles. Diese sind:

  • Umbaumaßnahmen an Haus, Wohnung, Auto etc.
  • ggfs. noch Zusatzkosten für nicht von den Sozialversicherungsträgern übernommene Reha-Maßnahmen o. ä.

Das war´s auch schon. Alles, was darüber hinausgehend an Leistungen angeboten wird, ist grundsätzlich Blödsinn.

Die oben erwähnten Kosten für Umbaumaßnahmen usw. sind über eine Leistungsart abgedeckt, welche sich „Invaliditätsleitung“ nennt. Ohne jetzt groß ins Fachliche abzugleiten, hier die knappe Erläuterung: Je schlimmer es Dich erwischt, umso mehr Geld wird aus der Unfallversicherung ausgezahlt. Kurz:  Je kaputt, desto Geld. Ich denke, das Prinzip ist simpel und leuchtet schnell ein.

Damit ist auch schon alles aufgezählt, was an sinnvollen (kostenpflichtigen) Bestandteilen enthalten sein muss. Weil das aber so wenig erscheint, haben sich ein paar Leute weitere schöne (und kostentreibende) Dinge ausgedacht:

Unfall-Rente & Co – Die schön klingenden Kostentreiber

Sie lauten:

  • Unfall-Rente
  • Unfall-Todesfalleistung
  • Unfall-Krankentagegeld
  • Unfall-Krankenhaustagegeld
  • der Gipfel des Blödsinns: Sofortleistungen bei ambulanten Operationen, bei Knochenbrüchen, bei unfallbedingtem Koma, Zusatzleistung für Zahnersatz, usw., usf…


Die Frage nach dem (Un)Sinn – Part II

Du möchtest

  • den Ausfall Deines Einkommens absichern?
  • ein Tagegeld bekommen, um den Lohnausfall bei einer mehr als 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit aufzufangen?
  • das im schlimmsten Fall Deine Hinterbliebenen finanziell abgesichert sind?

Ja? Schön. Aber warum soll das dann nur im Falle eines Unfalles abgesichert sein?

Sind die finanziellen Folgen eines (ggfs. sehr lange andauernden)  Einkommensausfalles etwa schlimmer, wenn er durch einen Unfall statt einer Krankheit ausgelöst wird? Sind Deine Hinterbliebenen etwa nur dann finanziell im Eimer, wenn Du durch einen Unfall ins Jenseits abtrittst?

Nein? Aha. Warum dann also dieser unsägliche Schwachsinn, diese Leistungen mit einer Versicherung abzusichern, die nur dann zahlt?

Erstes Fazit (zu Unfallversicherungen):

Wenn Du diese Dinge absichern willst, dann mach es richtig – aber bitte nicht mit einer Unfallversicherung!

Eigentlich könnte hier jetzt Schluss sein, aber es fehlt ja noch das, was ich oben als den „Gipfel des Blödsinns“ bezeichnete. Kommen wir somit zu den „Gimmicks“.

Die Psychologie des Verkaufs

Du möchtest ein Krankenhaustagegeld bekommen, um die im Falle eines unfallbedingten Krankenhausaufenthaltes entstehenden, exorbitanten Kosten für Telefon, Fernsehen, Cafeteria- und Kiosk-Besuche abzufedern? Ja dann: schlag zu!

Du stehst voll drauf, wenn es Geld gibt, weil Du Dir – oh weh, oh weh! – das Ärmchen gebrochen hast oder der Onkel Doktor Dich lokal betäuben und an Dir rumschnippeln muss? Ja, dann brauchst die oben genannten  Einmalzahlungen / Sofortleistungen. Denn das sind ja meist mehrere hundert Euro, die es da gibt. In manch einer Police werden einem sogar ein- bis zweitausend Euro versprochen. Wow. Voll krass.

Jetzt mal ernsthaft: Versicherungen sollen – wie ich oben bereits schrieb – schwere finanzielle Einbußen abfedern oder komplett auffangen. Damit sind finanzielle Folgen gemeint, die Dir so richtig weh tun – oder gar Deine (finanzielle) Existenz bedrohen. Sind die gerade genannten Dinge existenzielle Gefahren? Nein? Du hast sie trotzdem abgesichert? Warum?

Vielleicht weil

  • es ach so toll klingt?
  • es sich so gut anfühlt?
  • man Dich mittels Verkaufspsychologie zum Deppen Goldesel gemacht hat?

Kurz: Lass Dich nicht verarschen. Es ist in Wahrheit alles nur Geldmacherei.

Der große Blödsinn mit der „Reiter-Unfallversicherung“ 

Nicht nur, dass man sinnbefreite Leistungsbereiche anbietet, nein, man kann eine Unfallversicherung auch noch auf einzelne Lebensbereiche beschränken. Zum Beispiel, in dem man sie so gestaltet dass sie nur dann greift, wenn man gerade dem Hobby Reiten nachgeht. Genau das macht eine „Reiter-Unfallversicherung“.

Befürworter sagen immer „Jaaaa, aber das Reiten ist doch so gefährlich, da muss man sich doch (zusätzlich) absichern!“. Ich sage dagegen:  Bullshit! Die Wahrheit lautet: Entweder Du brauchst eine Absicherung, oder Du brauchst sie nicht!

Es kann niemals zielführend sein, schlimme finanzielle Folgen nur für einen Bruchteil unserer Lebenszeit abzusichern. Entweder man möchte abgesichert sein – oder nicht.  Entweder schließt man eine „ganz normale“ Unfallversicherung ab, oder gar keine. Punkt.

Was aber wenn das Reiten nicht mitversichert ist?

Ja, das ist in der Tat ein sehr schwer wiegendes Problem. Es gibt sehr, sehr viele Versicherer, bei denen das Reiten explizit in den Bedingungen ausgeschlossen wird. Das ist natürlich eine böse Sache, deshalb habe ich den ganzen Markt analysiert und die genaue Anzahl der Versicherer ermittelt, die das Reiten ausschließen.

Ergebnis: —-> 0,00 <—

KEIN Versicherer schließt das Reiten in der Unfallversicherung aus.

Fazit: Am Arsch die Räuber. Lass Dir keinen Blödsinn erzählen.

Ausnahme: Profi-Sportler. Achte bitte auf meine Wortwahl: Profisportler. Damit ist nicht der Bereiter gemeint, sondern Leute wie Marcus Ehning, Ingrid Klimke, usw… Da muss man tatsächlich genauer hinschauen, für alle anderen gilt: easy going.

Der Preis ist heißüberteuerte Unfallversicherungen

Randthema: Die allermeisten Unfallversicherungen sind nicht nur unsinnig gestaltet und qualitativ eher nur Mittelmaß, sondern auch noch extrem überteuert. Warum? Weil sie sich trotzdem verkaufen wie blöde!

Sie werden ja nicht umsonst hinter vorgehaltener Hand als „die goldene Kuh der Versicherer“ bezeichnet…

Über den Daumen gepeilte Faustregel: Jede Unfallversicherung, die für eine kaufmännisch tätige Person mehr als 15-20 € im Monat kostet, gehört ganz dringend auf den Prüfstand!

Unterm Strich

Letztendlich bleibt festzuhalten: Eine Unfallversicherung ist in „Reinkultur“, also aufs Wesentliche beschränkt, eine sinnvolle Sache. Wichtig ist hier aber:

a) dass sie ins Gesamtbild einer lösungsorientierten Einkommensabsicherung passt, in der die einzelnen Bausteine aufeinander abgestimmt sind

b) ein hochwertiges Bedingungswerk 

c) ein angemessener Preis.

Schlussbemerkung:

Das Thema „Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr“ habe ich bewusst außen vor gelassen. Dass dieses Produkt nichts weiter als legaler Betrug ist, dürfte heutzutage ja eh jedes Kind wissen. Wer sich damit immer noch verarschen lässt, ist ja schon fast selbst Schuld.

Last but not least: ein herzliches Dankeschön an Henry für das obige Foto. Für ein kleines Bestechungsgeld hat er mir seine Besitzerin  Henriette Brykczynski  elegant vor die Linse des Photographen geworfen.