Vom Pferd stürzende Reitbeteiligungen, Rettungseinsätze, Forderungen / Regressansprüche von Krankenkassen, verletzte Pferde — und Pferde, die von ihren Reitbeteiligungen abweichend von Vereinbarungen eingesetzt (und geschädigt) wurden… All diese Themen habe ich bereits in (hauptsächlich) zwei Blog-Beiträgen abgehandelt. Diese handeln jeweils über den korrekt gestalteten Versicherungsschutz und die bösen Fallen, in die man hier schnell tappen kann — sowohl als Pferdehalter, als auch als Reitbeteiligung.
Links:
- Die mitversicherte Reitbeteiligung — eine böse Falle?
- Wenn die Reitbeteiligung das Pferd schädigt — zahlt dann deren PHV?
In diesem Beitrag geht es jedoch um:
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Hierzu konnte ich
Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke — mal wieder — für ein Interview gewinnen. Daniela ist ganz nebenbei die Gründerin der Facebook-Gruppe Pferderecht, in der (auch anonym) Fragen gestellt werden können, die dann ausschließlich von Experten beantwortet werden.
Hier das Interview:
Liebe Daniela, so ein RB-Vertrag ist doch schnell geschlossen. Der gute, alte “Handschlag” steht immer noch hoch im Kurs. Was hältst Du davon?
Daniela Lemke: Seien wir doch mal ehrlich, wer kann oder möchte sich im Falle eines Streits noch an mündliche Absprachen erinnern? Nur der, dem sie dienlich sind. Spätestens wenn es um (viel) Geld geht, tun sich da plötzlich “Gedächtnislücken” auf…
Per Handschlag vertraut man sein Pferd jemand Fremdes an und macht sich keine Gedanken über die Risiken. Das kann nach hinten losgehen.
Ich verstehe. Also doch lieber ein schriftlicher Vertrag?
Daniela Lemke: Aber sicher! Ein guter Vertrag sollte alle wesentlichen Aspekte klar bestimmen. Das sorgt im Fall des Falles für Klarheit. Man sagt ja nicht umsonst umgangssprachlich “Vertrag kommt von vertragen”.
Was sollte denn in solch einem Vertrag alles drin stehen?
Daniela Lemke: Die Grundlagen eines guten Vertrages sind die W‑Fragen: Wer das was wann wie zu welchem Preis — und wie lange?
Auf eine Reitbeteiligung bezogen lauten die Fragen also z. B.: Wie darf die Reitbeteiligung das Pferd nutzen? Wann darf die Reitbeteiligung mein Pferd reiten?
Hier können z. B. gefährliche Nutzungen wie Millitary, Jagden, Springen oder Geländeausritte untersagt aber auch das Verbot, das Pferd mit Ausbindern oder Sporen zu reiten, ausgesprochen werden.
Verstößt die Reitbeteiligung dagegen, haftet sie für daraus resultierende Schäden. Dazu muss man aber auch beweisen können, dass eine vertragswidrige Nutzung des Pferdes vorgelegen hat. Bei einem “Vertrag per Handschlag” ist das nicht möglich.
Jetzt mal angenommen, dass Pferd erkrankt und ist auch für die RB nicht nutzbar. Muss sie dann eigentlich weiterhin ihren “RB-Beitrag” zahlen?
Daniela Lemke: Die Reitbeteiligung kann ihre Vergütung zurückfordern, weil das Pferd nicht nutzbar ist. Dies muss aber zuvor vertraglich geregelt sein.
Moment mal. Betrachten wir das Ganze mal anders herum: Als Pferdehalter hat man eine Reitbeteiligung ja (auch) um zeitlich entlastet zu werden. Wenn das Pferd krank ist und ggfs. täglicher Pflege bedarf, kann die Reitbeteiligung die Zahlung einstellen und ist einfach mal weg?
Daniela Lemke: Na klar. Eine Vergütungs- und Versorgungspflicht auch bei Erkrankung des Pferdes sollte ebenfalls im Vorfeld geregelt werden. Sonst guckt man als Pferdehalter schnell blöd aus der Wäsche.
Kommen wir zu einem ganz brisanten Punkt: Das Pferd buckelt die Reitbeteiligung runter und der Pferdehalter sieht sich massiven Schadensersatzforderungen ausgesetzt. Das kann man doch ganz clever über einen Haftungsausschluss umgehen?
Daniela Lemke: Jo, das kann man machen. Ist dann halt ggfs. kacke. Was viele nicht bedenken:
Was passiert, wenn das Pferd durch die Reitbeteiligung zu Schaden kommt oder gar verstirbt? Schäden am Pferd können schnell zigtausende Euro kosten. Es sollte daher gut überlegt sein ob man tatsächlich einen Haftungsausschluss vereinbaren möchte, denn: dieser gilt in beide Richtungen!
Was ebenfalls zu beachten ist: Haftungsausschluss hin oder her: gegen die Regressforderungen der Sozialversicherungsträger hilft er auch nicht. Man kann die Rechte Dritter nicht ohne deren Zustimmung einschränken.
Ist er dagegen falsch gestaltet, kann er komplett wirkungslos sein und vor Gericht verworfen werden.
Spielt es eigentlich eine Rolle, ob eine Reitbeteiligung voll- oder minderjährig ist?
Daniela Lemke: Durchaus. Ein Minderjähriger haftet zwischen dem siebten und 18. Lebensjahr, wenn er in Kenntnis der Gefahr handelte. Schlimmstenfalls haftet er nicht und man bleibt auf seinem Schaden sitzen. Hier ist es daher immens wichtig, die Eltern mit ins Boot zu holen.
Wichtig ist übrigens, dass dabei beide Elternteile unterschreiben!
Ich sehe schon, da ist einiges zu beachten… Magst Du noch ein Schlusswort an die werte Leserschaft richten?
Daniela Lemke: Ein Vertragsverhältnis sollte man nicht nur auf Vertrauen stützen, sondern alles schriftlich fixieren. Immer dran denken: So lange alles gut ist, sind alle freundlich. Sobald es kracht, ändert sich das. An Absprachen erinnern sich die meisten dann plötzlich nicht mehr. So etwas ist vermeidbar!
Ich verstehe, also soll man sich unbedingt einen Vertrag im Internet runterladen und.…
Daniela Lemke: *pfffrrrzzz*
Aber Daniela, ihr Anwälte seid doch immer so garstig teuer…
Daniela Lemke: So teuer ist das gar nicht. Es kommt natürlich immer auf den Umfang drauf an; im Regelfall liegt man bei solchen Verträgen zwischen 250 — 350 €. Aber wie gesagt: es kommt immer auf den Einzelfall und den Aufwand an. Daher kann das nur als große Orientierung dienen.
Danke für das Interview!
_______________
Hier noch einmal der Link zu Danielas Kontaktdaten: Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke
Schreibe einen Kommentar