In Teil 1 meiner Serie “Pferdehaltung in Eigenregie” habe ich das Thema der Betriebshaftpflichtversicherung abgehandelt, in Teil 2 das Thema der Gebäudeversicherung und hier zu beachtende Gefahrenherde, die den Versicherungsschutz massiv bedrohen können.
Hier nun Teil 3: rechtliche Problemfelder, wie z. B.:
— was muss ich bei der Mistlagerung beachten?
— was tun, wenn die Berufsgenossenschaft vor der Tür steht?
— wie ist das eigentlich mit der Tierseuchenkasse?
— wie ist das mit der Haftung als Tierhüter / ab wann gelte ich als Tierhüter?
— trifft mich auch dann die Tierhüter-Haftung, wenn ich kein Geld verlange?
Hierzu konnte ich
Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke für ein Interview gewinnen. Daniela ist ganz nebenbei die Gründerin der Facebook-Gruppe Pferderecht, in der (auch anonym) Fragen gestellt werden können, die dann ausschließlich von Experten beantwortet werden.
Das Interview:
Unser Interview beginne ich getreu dem Motto: Was vorne rein geht, muss auch hinten rauskommen…
Daniela, wie ist das eigentlich mit dem ganzen Pferdemist? Kann ich den einfach irgendwo lagern oder muss ich da etwas beachten?
Daniela Lemke: Wer seine Pferde am Haus hält sollte sich Gedanken darüber machen, wie und wo er den Pferdemist lagert. Ein Pferd scheidet täglich immerhin zwischen 10- und 20 kg Kot und 5–10 l Harn aus. Vermischt mit dem Einstreu ergibt das eine Menge von 20–35 kg Frischmist pro Pferd und Tag. Welche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mistlagerung gestellt werden, ist nur wenigen bewusst und Verstöße können gravierend geahndet werden! Auf Bundesebene regelt das Wasserhaushaltsgesetz in § 62 Abs.1 zur Mistlagerung folgendes:
„Anlagen zum Lagern, Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften sowie von vergleichbaren in der Landwirtschaft anfallenden Stoffen müssen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist.“
Weiter heißt es:
„Anlagen im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik beschaffen sein sowie errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden.“
Weitere einschlägige Vorschriften finden sich in den Wasserhaushaltsgesetzen und Bauordnungen der Länder. Manchmal haben die Kreise auch eigene Vorschriften. Hier sollte sich im Vorfeld erkundigt werden.
Okay, jetzt bitte nochmal auf Deutsch. Wie groß muss das Ganze denn in etwa angelegt werden?
Daniela Lemke: Zur Größe der Dunglege kann man sich an diesem Maßstab orientieren und die Größe berechnen:
Je nach Haltungsform, Einstreumenge und Weiterverwertung des Pferdemistes besteht ein durchschnittlicher Flächenbedarf von etwa 2–4 m² pro Großpferd bei einer Lagerdauer von 6 Monaten und einer Stapelhöhe von 2 m. Ferner sollte man dieses beachten:
• Der Mist muss auf einer Betonplatte gelagert werden mit Gefälle zur geschlossenen Seite. Das Gefälle muss mind. 35 cm von der befestigten Rangierfläche bis zur geschlossenen Seite betragen, wobei ein Sicherheitsabstand von einem Meter zwischen Mist und befestigter Rangierfläche zu wahren ist.
• An der Befüll- und Entnahmeseite soll genügend Rangierraum für Frontlader (8m) und ausreichend breite und tragfähige Zufahrten vorhanden sein.
• Manchmal ist auch eine Jauchegrube notwendig. Hier gilt es sich zu erkundigen.
• Aus hygienischen Gründen (Geruch; Fliegen) soll die Mistplatte nicht zu dicht am Stall und an dessen windabgewandter Seite liegen.
Jetzt mal so unter uns: Muss man wirklich so einen Aufwand betreiben? Wenn ich den Mist auf meinem Grundstück einfach so irgendwo hinkippe, merkt das doch keine Sau, oder…?
Daniela Lemke: Klar kann man das. Ist dann halt suboptimal, denn: Wer gegen § 62 WHG verstößt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 50.000,00 € rechnen. Es ist daher jedem anzuraten, sich ausgiebig zu erkundigen und für eine ordnungsgemäße Mistlagerung zu sorgen.
Apropos Geld: Immer wieder hört man, dass die Berufsgenossenschaft vor der Tür steht und Beiträge fordert. Was hat es damit auf sich?
Daniela Lemke:Ja, auch bei einem privaten Tierhalter kann es sein, dass man mit der BG in Berührung kommt, genauer: der BG Verkehr.
Die BG Verkehr ist zuständig bei der privaten und der gewerblichen Pferdehaltung. Eine Beitragsverpflichtung für den privaten Reitpferdehalter besteht nur, wenn er im Zusammenhang mit der Pferdehaltung Arbeitnehmer oder Aushilfen beschäftigt. Er selbst und seine Angestellten oder Aushilfen sind gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert.
Ist man in das Visier der Berufsgenossenschaft geraten, bekommt man einen Fragebogen zugesandt der wahrheitsgemäß auszufüllen ist. Je nach dem kann es sein, dass man dann mit einem Beitragsbescheid beglückt wird.
Ich lese immer wieder, dass hier häufig Uneinigkeit besteht, ob die Beitragsforderungen rechtens sind…
Daniela Lemke: Richtig. Nicht immer ist der Beitragsbescheid begründet, so dass man sich vor Zahlung des Mitgliedbeitrags vergewissern sollte, ob eine Mitgliedschaft wirklich begründet ist und/oder ob der Beitrag der Höhe nach berechtigt ist. Hier kann anwaltliche Hilfe nützlich sein.
Die Tierseuchenkassen halten ja auch gerne die Hände auf. Was hat es damit auf sich / wer muss da eigentlich einzahlen — und warum?
Daniela Lemke: Fangen wir damit an, warum es Tierseuchenkassen gibt. Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten und wird auch auf den Seiten der Tierseuchenkassen erklärt. Hier heißt es:
„Nach dem Tierseuchenrecht sind die Länder verpflichtet, Tierverluste durch bestimmte Tierseuchen oder seuchenartige Erkrankungen sowie Kosten und Schäden, die bei der Bekämpfung von Tierseuchen oder seuchenartigen Erkrankungen entstehen, zu erstatten. Die rechtlichen Vorschriften sind heute im bundeseinheitlichen Tiergesundheitsgesetz geregelt.“
Zu den Aufgaben der Tierseuchenkasse gehören u. a. die
• gesetzlich vorgeschriebenen Entschädigungen für Tierverluste festzusetzen und auszuzahlen,
• freiwillige Maßnahmen zur planmäßigen Bekämpfung von übertragbaren Tierkrankheiten, sowie freiwillige Vorsorgemaßnahmen zur Gesunderhaltung von Tierbeständen finanziell zu unterstützen,
• zusätzliche Leistungen (Beihilfen) für Tierverluste durch Seuchen und seuchenähnliche Erkrankungen zu gewähren.
Und das gilt auch für den privaten Tierhalter, der seine Pferde in Eigenregie hält?
Daniela Lemke: Ja, auch als privater Tierhalter muss man sich bei der Tierseuchenkasse registrieren, wenn man sein Tier bei sich am Haus / in Eigenregie hält.
Denn: Meldepflichtig sind alle Tierhalter unabhängig von der Art der Nutzung. Wenn die Tiere eingestallt sind, sind die Tiere durch den Stallbetreiber zu melden. Wer sein Tier am Haus hält, hat demnach sein Tier selbst bei der Tierseuchenkasse zu melden. Wer sein Tier nicht anmeldet, verliert seinen Anspruch auf Leistungen aus der Tierseuchenkasse.
Wenden wir uns nun einem der ganz heißen Themen zu: Die Haftung des Tierhüters. Ab wann ist man eigentlich ein “Tierhüter”?
Daniela Lemke: Geregelt ist die Haftung im §834 BGB. Hierin heißt es:
„Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“
Auf Deutsch: Fügt ein eingestelltes Pferd einem Dritten einen Schaden zu, z. B. weil es ausbricht, so steht man als Tierhüter grundsätzlich mit in der Schusslinie. Man kann sich aber exkulpieren, d. h. den Nachweis führen, dass man alles Erforderliche getan hat, um den Schaden zu vermeiden.
Wie schnell ist man denn nun ein “Tierhüter”? Mal angenommen, ich lasse das Pferd einer Freundin aus Gefälligkeit bei mir stehen und verdiene nichts daran. Hafte ich dann auch bzw. gelte ich dann auch als Tierhüter?
Daniela Lemke: Kurz und knapp: Ja. Du bist auch dann ein Stallbetreiber. Dass das nur hobbymäßig erfolgt, spielt keine Rolle. Denn auch bei Gefälligkeitsverhältnissen ist eine Haftung möglich. Du haftest für Schäden, die du rechtswidrig und schuldhaft einem anderen zugefügt hast. Das kann schnell teuer werden.
Wenn ich für das Einstellen des Pferdes Geld verlange, stecke ich so richtig in der Haftung, oder?
Daniela Lemke: Ja klar. Es handelt sich dann meist um einen Verwahrungsvertrag, aufgrund dessen obliegen Dir Obhutspflichten. Du hast dafür Sorge zu tragen, dass dem Pferd nichts passiert. Du hast Gefahrenquellen zu beseitigen oder zu vermeiden. Verletzt sich ein Pferd an der Weidehütte (z. B. an einem hervorstehenden Nagel) oder rutscht auf dem schlecht eingestreuten Untergrund aus, haftest Du dafür.
Puh, da sollte man aber einen guten Versicherungsmakler haben, der sich um sowas kümmert, oder?
Daniela Lemke: Ja, in diesem Fall empfehle ich diesen komischen “Vierpfotenmakler”. Schau mal, der hat dazu schon mal was geschrieben: Pferdehaltung in Eigenregie — Teil 1 — Die Betriebshaftpflichtversicherung
Okay, greifen wir zu Trick 17: Dem Haftungsausschluss! Ich schreibe in meinen Einstellervertrag einfach rein, dass ich nicht hafte. Ätsch. Und nu?
Daniela Lemke: Nun ja, ganz so einfach ist das nicht. Die Haftung für vorsätzliches Verhalten ist nicht auszuschließen — das nur mal so vorneweg.
Allerdings kann mit einem Haftungsausschluss die Haftung tatsächlich gekürzt werden. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Pauschale Haftungsausschlüsse sind stets unzulässig. Auf die richtige Formulierung kommt es an!
Lass mich raten: Ein Anwalt könnte hier behilflich sein und mir viel Geld sparen, richtig?
Daniela Lemke: Jo, das könnte man jetzt so sagen.
Danke für das Interview!
Fazit:
Wenn Du Dich rundrum absichern möchtest, so unterhalte Dich mit Daniela: Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke
Die letzten, auf rechtlichem Wege nicht schließbaren Haftungslücken können wir dann im Anschluss kostengünstig auf dem Versicherungswege kitten.
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Otto meint
Großartig geschrieben, sehr informativ. Nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, brauche ich keine weiteren Informationen mehr. Ich denke, ich bin jetzt ausreichend über die Pferdehaltung informiert.
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Hallo Otto,
Danke für das nette Feedback! Dann habe ich mein Ziel bei Dir doch voll und ganz erreicht — das freut mich! :o)
LG Dennis