Träumst auch Du davon, die eigenen Pferde am Haus zu halten? Oder ganz allgemein in Eigenregie? Verständlich! Was ist auch schöner, als beim Frühstück auf die Koppel schauen zu können und dort die eigenen Pferde zu sehen?
Wie so oft stellt sich hier die Frage nach der korrekten Absicherung — und auch hier existieren viele Mythen, Fehleinschätzungen und gefährliche Wissenslücken, die so richtig böse ins Auge gehen können. Damit Dir genau das nicht passiert, hier ein kleines 1x1 der korrekten Vorgehensweise in 3 Teilen.
Teil 1: Die Betriebshaftpflichtversicherung (BHV)
Inhaltsverzeichnis
Schauen wir uns zu Beginn einige der typischen Fragestellungen an:
- Reicht meine ganz normale Pferdehalterhaftpflichtversicherung denn nicht aus?
- Brauche ich eine Tierhüterhaftpflichtversicherung?
- Ich habe gehört, dass ich eine Betriebshaftpflicht brauche — aber ich habe doch gar keinen Betrieb!?
- Wenn ich solch eine Versicherung abschließe, dann betrachten mich die Behörden am Ende noch als Betrieb?
Was ist überhaupt eine Betriebshaftpflichtversicherung?
Es fängt schon damit an, dass der Name irreführend ist — deshalb haben die meisten eine völlig falsche Vorstellung davon. Korrekt ist:
Nein, man muss keinen Betrieb führen, um solch einen Vertrag abschließen zu können. Zugleich gilt aber auch: Doch, auch ohne einen Betrieb im umgangssprachlichen Sinne zu führen, kann eine BHV nötig sein. Noch einmal ein Nein: Durch den Abschluss einer BHV wird man nicht zu einem Betrieb. Man wird durch den Abschluss einer Brillenversicherung ja auch nicht zu einer Brille und auch mit irgendwelchen Behörden hat das alles rein gar nichts zu tun.
Die simple Wahrheit ist: Es handelt sich hier lediglich um eine Art “interne Begriffsverwendung”. Versicherer unterscheiden — ganz grob gesagt — zwischen privater und gewerblicher Absicherung; die jeweiligen Produkte sind auf den Bedarf der entsprechenden Gruppe zugeschnitten.
So einfach ist das vom Prinzip her.
Wann brauche ich eine solche BHV?
Wenn Du
a) Deine eigenen Pferde in Eigenregie und / oder am eigenen Haus hält, brauchst die BHV meistens.
Wenn Du aber
b) fremde Pferde mit hinzunimmt, brauchst Du sie immer.
zu a):
Wenn Du Landflächen nutzt oder sie Dir gehören, brauchst Du eine sog. “Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht” (HuG), weil Du z. B. für Unfälle, die sich auf dem Grundstück ereignen, zur Verantwortung gezogen werden kannst. Diese HuG ist in den meisten Privathaftpflichtversicherungen (PHV) inkludiert, aber Achtung: versichert ist sehr häufig nur das Grundstück, auf dem sich das eigene, selbst genutzte Wohnhaus befindet. Hast Du also Koppeln jenseits dieser Grenzen, fallen sie nicht unter diese Definition!
Selbst wenn die Pferde auf dem eigenen Grundstück (auf dem das eigene, selbst genutzte Wohnhaus steht) gehalten werden, stoßen wir schnell an eine weitere Grenze: die meisten PHVn limitieren den Schutz auf bestimmte Grundstücksgrößen. Ist das Grundstück auch nur 1 m² größer, entfällt der komplette Versicherungsschutz!
Hier kann die BHV helfen bzw. eine sinnvolle Alternative sein.
zu b):
Wer fremde Pferde gegen Entgelt in Obhut nimmt, der macht das mit einem Vertrag. Ob dieser schriftlich oder “per Handschlag” geschlossen wird, ist dabei völlig irrelevant — es ist ein Vertrag. Die Haftung erweitert sich also und wir haben es plötzlich mit einer vertraglichen Haftung zu tun. Und das wird zum Problem, denn:
Zitat aus den allg. Haftpflichtbedingungen:
Kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, auch wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt,
(1) auf Erfüllung von Verträgen, Nacherfüllung, aus Selbstvornahme, .…
Uuups. Auf Deutsch: Passiert den bei Dir eingestellten Pferden was, bist Du — pardon — voll am Arsch.
Wichtig: Auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es hierbei nicht an! Es ist sogar egal, ob hier Geld fließt oder ein anderweitiges Entgelt vereinbart wurde!
Abhilfe schafft die hier zwingend notwendige Betriebshaftpflichtversicherung. Hier ein Zitat aus den besonderen Bedingungen (BBR) eines beispielhaft gewählten Versicherers:
Versichert ist im Umfang der nachfolgenden Bestimmungen die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus dem im Versicherungsschein und seinen Nachträgen angegebenen Betrieb mit seinen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten…
Et voilà. Hier haben wir das, was wir brauchen. Rechtsverhältnisse = (u. a.) Verträge. Und schon sind wir wieder im Spiel.
Brauche ich so etwas wirklich?
Als Antwort liefere ich einfach ein paar Schadenbeispiele:
- Dein Bauer liefert Dir schimmeliges oder mit Giftpflanzen versetztes Heu. Ein Einsteller-Pferd bekommt eine Kolik, die OP kostet über 6.000 €.
- Dein Bauer liefert Dir schimmeliges oder mit Giftpflanzen versetztes Heu. Alle Pferde koliken.
- Deine Stallhilfe verletzt ein Pferd mit der Mistgabel, Folge: Sehnenschaden.
- Du vergisst den Strom einzuschalten, die Pferde brechen aus. Eines läuft vor ein Auto. Der Fahrer, ein Familienvater, stirbt.
- Die ausgebrochenen Pferde kommen selbst zu Schaden und müssen vom Tierarzt behandelt / operiert werden oder sterben.
- Es kommt nachts zum Kurzschluss, der Stall brennt ab. Die Pferde kommen zu Schaden oder sterben.
- Durch falsche Untergrundbearbeitung gelangen Sickersäfte vom Misthaufen ins Grundwasser. Die Behörden machen Dir nun das Leben zur Hölle.
- Der Hoftrac verliert Öl, der Boden wird verseucht. Die Behörden machen Dir abermals das Leben zur Hölle.
- Das Heulager brennt ab. Das Feuer greift durch Funkenflug auf Nachbargebäude über.
- Es tritt jemand in einen rostigen Nagel — Notaufnahme, 2 Wochen Krankschreibung. Der Arbeitgeber und die Krankenkasse fordern Schadensersatz.
- usw., usf…
All das deckt eine normale Tierhalter- oder Privathaftpflichtversicherung nicht ab!
Ist das denn nicht sauteuer?
Als erstes verbietet sich diese Frage, siehe obige Schadenbeispiele. Hier wird Deine komplette finanzielle Existenz abgesichert — kann es da überhaupt ein “zu teuer” geben?
Aber schauen wir uns das Ganze doch mal konkreter an:
Wie berechnet sich der Beitrag ?
Eine BHV muss man sich immer wie eine Art “Baukasten” vorstellen. Den Rahmen gibt die vorliegende Betriebsart vor — hier: Pferdepensionsbetrieb o. ä. — bei der Bezeichnung sind die Versicherer ja völlig frei. Es könnte hier also auch “Reitbetrieb” stehen obwohl das Gleiche gemeint ist. Der Grundbeitrag orientiert sich im Regelfall erst einmal an den vorhandenen Flächen wie Weiden, Äckern, usw. — egal ob sich diese in Deinem Eigentum befinden, gepachtet oder einfach so zur Verfügung gestellt werden.
Baukastensystem: Tierhüterhaftpflicht, Reitlehrer-HV, Schulpferde-HV etc.
Alles, was nun folgt, ist modular. Hier ein paar Beispiele:
- Du nimmst fremde Pferde in Pension?
- Kein Problem, das kann man hinzubuchen (hier haben wir übrigens unsere sog. “Tierhüterhaftpflicht”) - Du möchtest darüber hinaus auch die Schäden an den gehüteten Pferden absichern (z. B. durch falsche Fütterung oder wenn sie bei einem Ausbruch aus den Koppeln zu Schaden kommen)?
- Kein Problem, das kann man hinzubuchen. - Du erteilst Unterricht?
- Kein Problem, das kann man hinzubuchen (ja, das geht auch ohne Trainerschein). - Du erteilst den Unterricht auf eigenen Pferden, brauchst also eine Schulpferde-HV?
- Kein Problem, das kann man hinzubuchen. - usw., usf…
Ach ja: eigene Pferde hast Du ja auch noch… Du kennst die Antwort: ja, natürlich kann man die (meist sehr günstig) hinzubuchen.
Ach ja zum zweiten: Der “Hofhund” — klare Sache: hinzubuchen. Meist ist der sogar komplett kostenlos mitversichert.
Ach ja zum dritten: die Privathaftpflichtversicherung. Ja, auch diese kann man ebenfalls hinzubuchen. Das lohnt sich zwar fast nie, aber theoretisch geht auch das.
Nahezu jeder einzelne Punkt kann separat und gemessen an der Anzahl der vorhandenen Risiken (so nennen es die Versicherer) hinzu gebucht und jederzeit wieder ausgebucht werden — z. B. dann, wenn ein Pensionspferd den Stall verlässt.
Wie hoch ist der Beitrag in etwa?
Hier nun ein paar Zahlenbeispiele:
Der Grundbeitrag liegt hier im Regelfall pro Jahr bei rd. 200 — 300 €. Eine Tierhüterhaftpflicht kostet pro Pferd ca. 50 €, Schäden an den Pensionspferden meist nochmal den gleichen Betrag oben drauf. Die THV für die eigenen Pferde gibt es meist sehr günstig, hier sind Beiträge von deutlich unter 100 € pro Pferd möglich, eine Reitlehrer-HV gibt es für ca. 80 €.
Unterm Strich muss das also gar keine so teure Angelegenheit sein. Letztendlich muss man es aber auch ganz hart sagen: wer bei solch grundlegend wichtigen Dingen und solch relativ geringen Beträgen schon das große Rechnen anfängt, der sollte vielleicht auch das gesamte Konzept überdenken und die Sache sein lassen.
Darf´s noch etwas mehr sein?
Zum Abschluss möchte ich Dir anhand ein paar Beispiele aufzeigen, warum eine BHV oftmals nicht nur zwingend notwendig, sondern hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten auch herrlich komfortabel sein kann.
- Das beginnt mit der erwähnten Haus- und Grundbesitzer-HV, die grundsätzlich inbegriffen ist. Sie umfasst hier — korrekte Flächenangabe vorausgesetzt — sämtliche Grundstücke.
- Weitere Dinge sind jederzeit einschließbar (z. B. neu hinzukommende Pferde) und können ebenso jederzeit wieder raus genommen werden.
- Wenn Du fremde Personen als Helfer am Stall beschäftigst, so sind deren Fehler mitversichert.
- Wenn ihr selbstfahrende Arbeitsmaschinen oder nicht zulassungspflichtige Fahrzeuge einsetzt, so sind diese meist standardmäßig (und beitragsfrei) mit abgesichert.
- Abwässerschäden sind (meist) automatisch mit abgesichert.
- Hofhunde sind (meist) kostenfrei mitversichert.
- usw., usf…
Wenn du Mitglied der landwirtschaftlichen BG wirst, wird es sogar noch viel besser: dann bekommst Du Zugriff auf spezielle Agrarpolicen und kannst Dich genau so versichern, wie “die ganz Großen”, also die richtig dicken landwirtschaftlichen Betriebe. Probleme, die “normale” Versicherer machen, fallen hier weg. Ganz platt gesagt: ab hier spielt man in einer ganz anderen Liga, hier kannst Du sogar eine Kasko-Versicherung für Deinen eigenen Grund und Boden abschließen. Davon hast du noch noch nie gehört? Siehste: es ist halt eine andere Liga. :o)
Fortsetzung:
Teil 2: Gebäudeversicherung & Co. — (k)ein böses Erwachen?
Teil 3: Rechtliche Rahmenbedingungen — ein Gastbeitrag der Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke .
Zum (vorläufigen) Abschluss
Du möchtest nicht (mehr) alleine an Deinen Versicherungen werkeln, sondern professionelle Unterstützung haben? Hier kannst Du nachlesen, wie eine Zusammenarbeit mit mir funktioniert:
Meine FAQ
Bora Weses meint
“Träumst auch Du davon, die eigenen Pferde am Haus zu halten? ”
Ganz ehrlich? Ja. Seit ich ein kleines Mädchen bin. Wenn es sowas wie Lebensträume gibt, dann ist das mein Lebenstraum. Früher wollte ich immer auf einem Reiterhof leben und war immer ganz neidisch auf “Die Kinder vom Alstertal”. Haben die es gut, soll ich laut meiner Mutter immer gesagt haben — natürlich ganz vertieft in den Röhrenfernseher blickend.
Doch leider ist es noch ein Traum, der in weiter Ferne ist. Aber ich sage immer: Träume sind da, um sie eines Tages zu erfüllen — egal wie unrealistisch sie erscheinen. Mal Hand aufs Herz..! Was wäre ein Leben ohne Träume.
Es gibt neben den großen Träumen aber auch kleine (oder sagen wir eher realistischere) Träume. So ist es ein Traum von mir, welchen ich auch lebe, viel mit Pferden zu tun zu haben. Das Reiten, das Füttern, die Pflege, die Reise… einfach alles. Die Arbeit mit den Pferden erfüllt mich. Aber noch kann ich es mir aktuell nicht einrichten, eigene Pferde am Haus zu halten. Ich könnte wie Pipi Langstrumpf das Pferd im Wohnzimmer halten! *Lach* Aber dieses Jahr werden wir viel unterwegs sein und haben dafür einen Pferdetransporter von XYZ (hier bitte keine Werbung posten), der das Reisen äußerst bequem machen soll. Ich bin gespannt und logischerweise voller Hoffnung!
Let Dreams become true! Eure Bora 🙂
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Liebe Bora,
auch wenn Dein Kommentar wenig Bezug zu meinem Beitrag hat: Danke dafür, er liest sich wirklich sehr schön. Viel Spaß mit Eurem Gefährt und Euren Pferden! :o)
LG
Dennis
Linda Schönberger meint
Hallo, eine Freundin und ich haben genau diese Situation, sie hat die eigenen Pferde am Haus/auf dem Grundstück stehen und mein Pony soll als Beistellpferd dazu. Wenn wir also die BHV abschließen möchten, würden wir diese dann nur wegen meines Ponies abschließen oder sind dann die “hauseigenen” Ponies ebenfalls automatisch mitversichert, weil sich die BHV quasi auf das Grundstück bezieht? Vielen Dank für eine Antwort.
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Hallo Linda,
das ist immer eine Einzelfallbetrachtung; eine korrekte Antwort ist immer nur nach einer Beratung möglich. Ich kann daher an dieser Stelle keine korrekte / zielführende Auskunft geben. Es fängt schon damit an, dass es hier aller Wahrscheinlichkeit nach kein “wir” gibt, sondern — wenn überhaupt — nur Deine Freundin diese BHV abschließen müsste.
LG
Dennis
Linda Schönberger meint
Das ist uns schon klar, daß nicht WIR sondern SIE die BHV abschließen wird. Das war auch überhaupt nicht die Frage. Die Frage ist, muß SIE nur für mein Pony die BHV abschließen oder auch für ihre eigenen?
LG, Linda
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Hallo Linda,
wie ich bereits sagte: eine pauschale Antwort darauf ist nicht möglich, weil es immer eine Einzelbetrachtung ist. Damit am Ende auch ein brauchbares Ergebnis bei rauskommt, welches auch meinem fachlichen Anspruch entspricht, muss man da ein wenig Zeit für aufwenden. Eine solche Beratung kann (und will) ich hier an dieser Stelle aber nicht bieten und bitte da um Verständnis.
LG
Dennis
Michi meint
Kleine Verständnisfrage: ist die Tierhüterhaftpflicht dasselbe wie die Obhutspflichtversicherung?
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Nope. :o)