Für Menschen ist sie Pflicht, da erscheint die Pferdekrankenversicherung doch zumindest sinnvoll, oder?
Ja und nein. Im Gegensatz zur humanen Krankenversicherung ist die Krankenversicherung für das Pferd eben keine Pflicht, sondern optional. Ob sie sinnvoll sind, entscheidet immer der Einzelfall.
Generell wird unterschieden zwischen der Pferde OP-Versicherung und der wirklichen Krankenversicherung (Vollversicherung). Auch die gibt es natürlich wieder mit verschiedenen Tarifen und unterschiedlichen Leistungen.
Blogartikel zum Thema Pferde OP-& Krankenversicherung
Die miese Nummer mit der Pferde — OP-Versicherung
Wie praktisch: Das neu gekaufte Pferd wurde bereits mit einer OP-Versicherung ausgestattet — dann kann der bestehende Vertrag ja einfach übernommen werden!
Oder doch nicht?
Abzocke? Beitragsexplosion bei Pferde OP-Versicherungen!
Es ist wieder so weit. Kaum wird die GOT ein wenig nach oben angepasst, kommen die geldgeilen Versicherer aus den Löchern gekrochen und knallen uns armen Pferdehaltern eine Beitragsexplosion allerfeinster Güteklasse um die Ohren: die OP-Versicherungen werden deutlich teurer!
Pferde OP-Versicherung
Um gleich bei der Sinnhaftigkeit zu bleiben: Die OP-Versicherung sichert gegen einen recht überschaubaren Beitrag Summen ab, die schnell problematisch werden können. Eine Kolik-OP kann heutzutage fünfstellige Kosten verursachen — das tut richtig weh. Im schlimmsten Fall muss das geliebte Pferd sterben, weil das Geld für die OP fehlt.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt sich hier also gar nicht mehr.
Auch für die unter uns, die mehrere zehntausend Euro in der Hinterhand haben und somit in keine bedrohliche Lage kämen, ist eine solche Absicherung zumindest sehr charmant, denn: kleiner Beitrag, großer Nutzen.
Wichtige Leistungen der OP-Versicherung für Pferde
Die wichtigsten Funktionen einer OP-Versicherung sind — ganz allgemein gehalten — die Übernahme der Kosten für
- die OP selbst
- die unmittelbar vorangehenden Voruntersuchungen
- die Nachbehandlung inkl. Einstellkosten in der Klinik
- Kosten für damit zusammenhängende Medikamente und Verbandsmaterialien.
Die Anbieter unterscheiden sich in vielen Punkten. Diese alle aufzuführen, würde den Rahmen sprengen; dazu kommt der stete Wandel des Marktes. Was ich hier heute schreibe, kann morgen schon überholt sein.
Daher nur die wichtigsten Punkte:
Manch ein Anbieter übernimmt die Kosten nur bis zu einem bestimmten Betrag je OP oder je Versicherungsjahr. Alles was darüber hinaus geht, zahlst Du selbst.
Vorteil: diese Absicherungen sind im Gegenzug etwas günstiger. Wie sinnvoll das Einsparen von Beiträgen ist, wenn wir sowieso nur über kleine zweistellige Zahlen reden, sei dahingestellt. Aber selbst hier bleibt es beim “es kommt drauf an”: für einen Pferdebetrieb, der seine Kostenbelastung in einem gewissen Rahmen eingrenzen möchte, können solche Tarife sehr interessant sein.
Der zweite große Unterschied liegt in der Begrenzung auf die unterschiedlichen GOT-Sätze. Manch ein Anbieter geht nur bis zum einfachen Satz, ein anderer verzichtet auf jede Begrenzung. Dass sich auch dies im Preis niederschlägt, liegt auf der Hand.
GOT: Gebührenordnung für Tierärzte. Diese bestimmt die Preise für Behandlungen. Möglich ist der ein- bis vierfache Satz. Der Tierarzt entscheidet je nach Schwierigkeitsgrad, Dringlichkeit (Notfall) und Zeit (während oder außerhalb der Arbeitszeiten) und anderem, welcher GOT-Satz berechnet wird. Mehr dazu auf der Website der Bundestierärztekammer
Von einer Begrenzung auf den einfachen Satz ist grundsätzlich massiv abzuraten — der Umkehrschluss, ein Verzicht auf jede Begrenzung sei nun das Nonplusultra ist aber auch nicht korrekt.
Denn wir haben ja noch weitere Unterscheidungsmerkmale, z. B. den: Leistungsumfang.
Manch ein Anbieter wirbt mit der gerade aufgeführten “vollen Leistung” in Bezug auf die GOT. Wenn gleichzeitig die die Anzahl (oder Art) der versicherten OPs stark eingeschränkt wird, ist dies allerdings schnell problematisch. Doof kann es auch dann werden, wenn mit der OP ein stationärer Aufenthalt zwingend vorausgesetzt wird. Ganz hart ist die Unterscheidung zwischen “medizinisch indizierten” und “überlebenswichtigen” OPs.
Dagegen ist die Beschränkung auf OPs unter Vollnarkose (im Gegensatz zur offenen Regelung, die auch bei Standnarkosen leistet) geradezu harmlos, zumal sie wesentlich transparenter kommuniziert wird.
Aber auch zwischen den einzelnen “Paketen” beim gleichen Versicherer gibt es enorme Unterschiede.
Faustregel: Finger weg von “Basis-Deckungen” und hin zum maximalen Umfang.
Pferde OP-Versicherung mit Negativ- statt Positiv-Liste wählen
Eine weitere Faustregel kann festgehalten werden: immer einen Versicherer / Tarif mit Negativ- statt einer Positiv-Liste wählen.
Der Unterschied? Eine Positiv-Liste listet (abschließend) auf, was versichert ist. Eine Negativ-Liste dagegen das, was nicht versichert ist. Was nicht drauf steht, ist nicht ausgeschlossen. Letztere Systematik ist übersichtlicher, transparenter und dynamisch, denn: neue Behandlungsmethoden gelten automatisch als mitversichert. Außer sie wurden an derer Stelle wieder vorsorglich ausgeklauselt.
Was kostet die Pferde OP-Versicherung?
Die Kosten einer solchen OP-Versicherung schwanken gewaltig. Es gibt so viele Parameter, die den Preis nicht nur beeinflussen, sondern maßgeblich bestimmen:
- der Leistungsumfang
- das Alter des Pferdes
- die Höhe der Selbstbeteiligung
- die Laufzeit / ein möglicher Laufzeitrabatt
- die Zahlweise
- …
Pferde Krankenversicherung
Wenden wir uns der Champions League zu: der (Voll-)Krankenversicherung für Pferde. Wie es der Name schon vermuten lässt, handelt es sich hier um eine “richtige”, sprich (weitestgehend) vollumfängliche Absicherung.
Wichtige Leistungen der Pferdekrankenversicherung
Neben (meist stationär stattfindenden) Operationen ist hier quasi “alles” versichert, ambulante und stationäre Behandlungen, — solange eine medizinische Indikation, sprich: Notwendigkeit vorliegt.
Kosmetische Eingriffe fallen nicht unter den Versicherungsschutz, prophylaktische Behandlungen nur sehr eingeschränkt und bei den Heilnebenberufen wird es ganz eng.
Die Problematik liegt auf der Hand: Vorsorge-Behandlungen laufen meist außerhalb einer vereinbarten Selbstbeteiligung, also wäre der ein oder andere schnell versucht, eine medizinisch notwendige Behandlung vom TA als “Vorsorge-Untersuchung” abrechnen zu lassen. Damit würde die — an sich ja sehr gute Idee! — schnell missbraucht und die Kalkulationsgrundlage des Versicherers zerstört.
Heilpraktiker, Osteo, Chiropraktiker etc.?
Apropos Kalkulationsgrundlage: die Kalkulation der Versicherungsbeiträge beruht auf Statistiken und nicht zuletzt der GOT. Heilpraktiker & Co. haben leider keine solche einheitliche Abrechnungsgrundlage, sind also versichererseitig nicht kalkulier- und somit nicht versicherbar.
Das ist zwar schade, aber in Anbetracht der Lage auch verständlich.
Von diesen kleinen Schwachpunkten abgesehen, ist so eine Pferdekrankenversicherung schon sehr sexy. Freie Tierarztwahl, Medikamente inkl., Zahnarzt inkl., Prophylaxe (teilweise) inkl… Das ist schon eine feine Sache!
Ist die Krankenversicherung für Pferde also sinnvoll?
Kommen wir direkt zur Gretchenfrage: ergibt so etwas Sinn?
Klare Sache: Jein!
Ich vergleiche die Pferde-KV gerne mit einem Supersportwagen und einer Vollkaskoversicherung. Wer sich den Supersportwagen als Drittfahrzeug / als reines Spielzeug leisten kann, braucht ihn nicht — derjenige will ihn einfach nur haben. Wäre das Auto nach einem Unfall Schrott, dann wäre das sehr ärgerlich, aber keineswegs existenzbedrohend. Die Vollkaskoversicherung wäre also hier “nice to have”, aber kein notwendiges Muss.
Das Gleiche kann man — in etwa — auf die Pferde-Krankenversicherung übertragen. Wer sich ohne diese Absicherung ein Pferd nicht leisten könnte, sollte erst gar keines haben. Wer sie sich gönnen möchte, braucht sie also nicht, sondern will sie einfach nur haben. Sei es fürs gute Bauchgefühl oder für ein Maximum an Sicherheit. Nach dem Motto “man weiß ja nie, wie blöd es kommen kann”.
Ich persönlich habe eine Krankenversicherung für mein Pferd. Aus eben jenen Gründen. Es fühlt sich gut an, nicht für sich selbst und die Familie, sondern auch fürs Pferd alles Erdenkliche getan und für alle Eventualitäten vorgesorgt zu haben.
Selbst wenn es im Leben mal knüppeldick kommen sollte, kann trotzdem der Tierarzt gerufen und jede erforderliche Behandlung durchgeführt werden.
Was kostet die Pferdekrankenversicheurng?
Die Kosten liegen im Vergleich zur OP-Versicherung viel höher. Das ist ja auch logisch, schließlich ist der Versicherungsumfang ebenfalls viel höher!
Ebenso ist auch hier die Spielwiese extrem groß. Die größte Auswirkung hat hier die Höhe der Selbstbeteiligung. Es gibt sie als prozentualen Selbstbehalt und als absoluten. Im ersten Fall beteiligt sich der Versicherer schon ab der allerersten Rechnung — aber nur anteilig (z. B. 80%). Im zweiten Fall beteiligt sich der Versicherer erst ab dem Überschreiten einer gewissen Höhe, z. B. 500 oder auch 1.000 € p. a..
Leistungsgrenzen der Pferde Krankenversicherung
Auch hier finden wir wieder eine große Spielwiese: manch ein Versicherer hat ein Jahreslimit, leistet also nur bis z.B. 5.000 € pro Jahr, ein anderer verzichtet auf eine solche Einschränkung.
Hier empfiehlt es sich, genau hinzuschauen. Manch ein vermeintlich “besonders günstiges” Angebot entpuppt sich so schnell als Luftnummer.
Pferde Kranken- & OP-Versicherung: Wartezeiten & Ausnahmen
Die Wartezeiten variieren erheblich. Einige Versicherer verzichten bei Unfällen auf eine Wartezeit, leisten also quasi sofort. Andere haben hier Wartezeiten von bis zu einem Monat. Kniffliger wird es bei den “normalen” Leistungen. Während die Wartezeiten für Koliken ebenfalls von “nicht vorhanden” bis zu über einem Monat reichen können, sind alle anderen Behandlungen mit Wartezeiten von min. einem Monat bis hin zu einem halben Jahr belegt.
Einen Sonderfall stellen die Chip-Operationen dar: in vielen Tarifen sind sie erst gar nicht mitversichert, wenn doch, dann meist mit Begrenzungen (sog. “Sublimits”) und Wartezeiten von 12 (und mehr) Monaten.
Normalerweise nicht versicherte Kosten in Pferde OP- & Krankenversicherung
Klassische Ausschlüsse in beiden Versicherungsformen sind:
- medizinisch nicht notwendige Behandlungen
- kosmetische Eingriffe
- Kastrationen ohne medizinische Notwendigkeit
- Herstellung rassetypischer Standards
Dazu kommen Vorerkrankungen, die bereits zu Vertragsbeginn bestanden. Diese werden häufig geklauselt, sprich: vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Vorsicht — Vorerkrankungen zu verschweigen ist keine gute Idee
Wer hier auf die Idee kommt, eine Vorerkrankung zu verschweigen, begibt sich auf ganz dünnes Eis! Auch die Behauptung, man habe davon nichts gewusst, hilft meist nicht.
Denn:
Zum einen haben die Versicherer entsprechende Klauseln im Vertrag, welche bei Vertragsabschluss bestehende Erkrankungen kategorisch ausschließen — egal ob diese bekannt oder unbekannt sind.
Zum zweiten kann man auch im Nachhinein oft sehr zielsicher feststellen, ob eine Erkrankung wirklich erstmalig auftrat oder ob da vorher schon “was im Busch war”.
Drittens und letztens stehen einem Versicherer bei einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung (auf Deutsch: bei Verschweigen von Vorerkrankungen / bei Falschangaben im Antrag) weitreichende Rechte zu: von der Kündigung über den Rücktritt bis hin zur Anfechtung wg. Arglist reicht das Waffenarsenal.
Im allerschlimmsten Fall droht eine Anzeige wegen Versicherungsbetrug. Sieh hierzu die §§ 19ff VVG, 263 StGB und 324 BGB.
Kurz: nicht machen!
OP- und Krankenversicherung für ältere Pferde
Kurz und schmerzlos: Das kann man meist vergessen. Die Gründe sind zahlreich:
Zum ersten ist ab einem gewissen Alter schlichtweg seitens der Versicherer Schluss: ab Alter x wird ein Pferd einfach nicht mehr angenommen. Welches Alter dies ist, hängt vom Versicherer, der Versicherungsart und teilweise auch dem Tarif ab.
Zum zweiten spielen auch die Vorerkrankungen eine Rolle — die meisten Erkrankungen führen zu Ausschlüssen oder gar einer kompletten Ablehnung.
Zum guten Schluss kommt auch die Frage der Moral auf: ist es noch tiergerecht, ein sehr altes Pferd einer OP zu unterziehen?