Trotz leidenschaftlicher Debatten haben wir mal wieder Rekord-Umsätze beim Feuerwerksbranche zu verzeichnen. Eine der Schattenseiten des Spektakels: Reihenweise berichten Stallbetreiber über uneinsichtige Personen, die ihr Feuerwerk in unmittelbarer Nähe der Stallungen abfeuern. In Panik geratene Pferde verletzen sich — in min. einem Fall mit Todesfolge. In Krefeld manifestierte sich in der Silvesternacht 2019 / 2020 der Albtraum schlechthin: das Affenhaus des Zoos brannte lichterloh; etliche Tiere starben in den Flammen.
Wie sieht es hier eigentlich versicherungstechnisch aus?
Der Teufel steckt im Detail
Inhaltsverzeichnis
Zuerst die gute Nachricht: Einer Brandversicherung ist es (fast) egal, weshalb ein Feuer ausbricht. Ein Böller oder eine Feuerwerksrakete sind dahingehend also “unproblematisch”. Viel wichtiger ist, dass die Gebäude korrekt versichert sind und vertragliche Pflichten eingehalten werden!
Durch meine jahrelange berufliche Praxis in diesem Bereich weiß ich aber, dass es in sehr vielen (genauer: den meisten) Fällen genau da hakt. Man mag es kaum glauben, wie viele — häufig fatale! — Fehler bei der Antragstellung gemacht werden. Viele Vermittler haben leider zu viel Angst vor einer “günstigeren” (korrekt: billigeren) Konkurrenz. Sie greifen dann schnell zu einer brutal gefährlichen Methode: sie versichern die Gebäude minderwertig. Meist mit viel viel zu niedrigen Versicherungssummen oder falsch deklarierten Gebäudetypen. Ich hatte schon Fälle von rd. 60% Unterversicherung auf dem Tisch!
Bei Kleinigkeiten mag das nicht auffallen, aber wehe es brennt nicht nur im übertragenen, sondern wortwörtlichen Sinne!
Zur Verdeutlichung: Das Preis der Police ist dann zwar durchaus sexy, bei einem Schaden von beispielsweise 80.000 € wären aber nur 32.000 € gezahlt worden. Woher die fehlenden 48.000 € kommen sollen, ist dann fraglich…
Aber das ist ja nur ein Thema. Die Palette der möglichen (und vor allem häufig auftretenden) Fehler ist ja deutlich länger.
Die häufigsten Fehler:
Schauen wir uns mal stichpunktartig an, welche die häufigsten (oftmals fatalen) Fehler in den Gebäudeversicherungen sind. Die möglichen Konsequenzen setze ich jeweils in Klammern dahinter.
- fehlende Baugenehmigung (2, 3, 5)
- fehlende Genehmigung bei Nutzungsänderung (2, 3, 5)
- Brandschutzvorschriften sind unbekannt und / oder werden nicht eingehalten (1, 2, 3, 5)
- die Stallgebäude sind überhaupt nicht versichert / wurden falsch angegeben (2, 3)
- viel zu niedrige Versicherungssummen (1, 2)
- falsche Bezeichnung der Gebäude in der Police (2, 3, 4)
- falsche Angaben bzgl. der Bauart der Gebäude (1, 2, 3, 4)
- vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung hinsichtlich sonstiger Gefahrerhöhungen (1, 2, 3, 4)
- Verstoß gegen die Garagenverordnung (1, 2, 3, 5)
Die fatalen Folgen:
- = Kürzung der Versicherungsleistung
- = komplette Leistungsfreiheit des Versicherers
- = Kündigung des Versicherungsvertrages
- = Anfechtung des Versicherungsvertrages
- = Bußgelder / strafrechtliche Folgen
So richtig fatal wird es, wenn das Feuer vom Stallgebäude (oder sonstigen Gebäuden) auf das Wohnhaus übergreift und der Versicherer aufgrund einer der o. g. Fehler auch dahingehend leistungsfrei wird. Hierzu reicht es z. B. schon völlig aus, wenn man ein Heulager errichtet, welches nicht die geforderten Mindestabstände zum Wohngebäude einhält oder andere Mindestabstände nicht eingehalten werden.
Wohlgemerkt: die meisten der o. g. Punkte sind sog. “Obliegenheitsverletzungen” oder auch “vorvertragliche Anzeigepflichtsverletzungen”. Die Waffen der Versicherer gegen solche Dinge sind in den §§ 21 u. 22 sowie 24–26 VVG genannt. Also bitte nicht mit der “groben Fahrlässigkeit” verwechseln, die viele Versicherer heutzutage (begrenzt) mit einschließen bzw. trotz grob fahrlässigen Verhaltens (begrenzt) leisten! Hier geht es bis hin zum Vorwurf der Arglist und somit der Anfechtung eines Vertrages — kurz: hier kann es richtig Achterbahn geben!
Noch schärfer: wenn man Einsteller hat
Sobald man fremde Pferde hütet, wird es noch problematischer. Es fängt schon damit an, dass einem Gebäudeversicherer selbst diese “kleine” Änderung ( = gewerbliche Nutzung) mitzuteilen ist! Klingt komisch, ist aber so. Unterlässt man dies — siehe oben: 1, 2, 3, 4.
Es geht aber noch weiter: Aus einem solchen vertraglichen Verhältnis (ja, auch eine mündliche Absprache oder der gute alte “Handschlag” sind ein Vertrag mit sämtlichen rechtlichen Konsequenzen!) erwächst eine vertragliche Haftung.
Wer hier keine sauber ausgearbeiteten Einstellerverträge und vor allem keine passende Betriebshaftpflichtversicherung hat (ja, die braucht man auch dann, wenn man nach allgemeinem Sprachgebrauch keinen “Betrieb” unterhält!), dem brennt nicht nur die Hütte, sondern ganz schnell auch der Kittel. Hier droht der finanzielle Overkill, wenn die Einsteller Schadensersatz fordern. Besonders heikel: Die Höhe des Schadensersatzes ist nicht auf den jeweiligen Wert des Pferdes beschränkt, sondern kann weit darüber hinaus gehen. Als Beispiel sei hier nur mal das Urteil vom LG Hildesheim vom 10.2.2017 genannt, Akz.: 7 S 144/16.
I´ve got the power… ne, ZONK
Nicht nur aufgrund der Lage an Silvester und der aktuellen Geschehnisse sollte man hier höchste Wachsamkeit an den Tag legen. Über behördliche Maßnahmen, Bußgelder oder Strafverfahren wegen Verstöße (z. B. gegen das Wasserhaushaltsgesetz) oder das Thema Dekontaminationskosten haben wir hier noch gar nicht gesprochen.
Wer hier alleine unterwegs ist und sich seinen Schutz via Vergleichsportal zusammenklöppelt, dem sage ich: toi, toi, toi! Aufs Holz klopfen möchte ich da lieber nicht, denn das könnte sich ja aufgrund der Reibungswärme entzünden und dann haben wir den Salat. Wer sich zwar beraten lässt, aber auf (zu) lapidare Sprüche von Versicherungsvermittlern verlässt, steht ebenfalls schnell im Regen. Hier muss man ordentlich arbeiten!
Fazit
Solche Dinge bedürfen einer peniblen Aufarbeitung! Um diese Aussage direkt ein wenig zu entmystifizieren, hier eine Auflistung der Dinge, die wir z. B. immer anfordern:
- Lageplan
- Bauzeichungen
- Baubeschreibungen
- Aufmaß / Abstandsmessungen
- (detailierte) Fotos
- Luftbildaufnahmen / zur Not auch Bilder von Google Earth
- Nutzungsbeschreibung
- Sachverständigengutachten (sofern vorhanden, ggfs. lassen wir dies sogar anfertigen)
Ohne diese Dinge ist eine saubere Arbeit nicht möglich.
Wenn Du das Thema vertiefen möchtest
Hier habe ich für Dich die Links zu meinem bereits veröffentlichtem dreiteiligen Blog-Beitrag:
Pferdehaltung in Eigenregie, Teil 1 – Betriebshaftpflichtversicherung?
Pferdehaltung in Eigenregie, Teil 2: Gebäudeversicherung & Co. – (k)ein böses Erwachen?
Pferdehaltung in Eigenregie – Teil 3 – Berufsgenossenschaft, Tierseuchenkasse, usw…
Der dritte Part ist übrigens ein Gastbeitrag / ein Interview von und mit Pferde-Rechtsanwältin Daniela Lemke.
Der Beitrag hat gefallen?
Dann freue ich mich über reges Teilen auf Facebook. Danke dafür! :o)
Carmen meint
Danke für diesen Beitrag. Ich bin in Österreich als Versicherungsberaterin tätig und erlebe auch unglaubliche Dinge, wenn deine Freunde ein Pferd ins Training stellen und dort fragen ob der Sattel etc. Hier mitversichert seien bzw wie sieht es im Brandsalbe aus? (zu Hause ist alles vom Betrieb mitversichert, denn den hab ja ich versichert) und dann die Antwort kommt: das geht Sie gar nichts an was wir versichert haben greift man sich schon an den Kopf als Versicherer
Dennis Keller - Vierpfotenmakler meint
Hallo Carmen,
nun ja — so ganz Unrecht haben diejenigen nicht, die so antworten. Wenn ich meine Sättel woanders einlagere, dann habe weiterhin ICH die Verantwortung, diese korrekt zu versichern. Ich kann (und darf!) doch nicht davon ausgehen, dass sich ANDERE (!) um meinen Kram kümmern…
Ich greife mir umgekehrt an den Kopf, wenn die Leute genau mit dieser seltsamen Vollkasko-mentalität um die Ecke kommen und glauben, dass immer andere zuständig sein könnten.
Faustregel: Man kümmert sich IMMER selbst und sichert sich IMMER selbst so ab, als könnten niemals fremde Versicherungen einspringen. NUR DAS garantiert einem die Sicherheit, die man gerne hätte. Alles andere ist “nice to have”.
Kollegiale Grüße ins Nachbarland :o)
Dennis